Jahrestage einer Architektin

Margarete Schütte-Lihotzky, österreichische Architektur-Pionierin, Planerin des denkmalgeschützen Klagenfurter KPÖ-Hauses. Im Jänner geboren, im Jänner gestorben, dazwischen 103 Jahre Lebenszeit. Aber nicht nach dem Motto »Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss«, sondern »Das Leben ist eine Baustelle«, und zwar was für eine.  Am 23. 1. 1897 in Wien Margareten geboren, zu Monarchie- und Kaiser- Zeiten, Architekturstudium in universitärer Männerdomäne, erster Weltkrieg, Erste Republik mit den unglaublichen sozialen Änderungen, zweiter Weltkrieg, Auslandsaufenthalte, Engagement in der kommunistischen Widerstandsbewegung, durch Glück und Intervention der Hinrichtung knapp entkommen, 1945 aus dem Frauengefängnis Aichach in Bayern befreit, Rückkehr nach Wien. Zweite Republik, weiterhin politisches Engagement in der KPÖ, diverse Auslandsaufenthalte, Präsidentin des Bundes Demokratisches Frauen und Akteurin im Weltfriedensrat, gemeinsam mit Lina Loos und Irma Schwager. Ihre Arbeit als renommierte Architektin wird in der vom Kalten Krieg geprägten Wiener Nachkriegsszene im Gemeinderat mit einer quasi-Blockade belegt. Für die KPÖ entwickelt sie, gemeinsam mit anderen Architekten, etliche Bauten, wie z. B. das ehemalige Globus-Gebäude am Höchstädtplatz, in Klagenfurt das heutige Volkshaus gemeinsam mit dem Architekten Fritz Weber. Die Liegenschaft sollte als Verlags- und Verwaltungsgebäude der Tageszeitung „Volkswille“ im straßenseitigen Teil und die Druckerei im nördlichen Teil erbaut werden. Geworden ist es dann nur der nördliche Druckerei-Teil mit der Redaktion. Dieses Gebäude wurde am 29. Jänner 1950 eröffnet. Fünfzig Jahre später wird das Obergeschoß renoviert. Natürlich mit der Einwilligung der Architektin, und sie wollte auch noch selber zur Eröffnungsfeier nach Klagenfurt kommen. Doch eine Grippe machte einen Strich durch sämtliche diesbezüglichen Rechnungen. Sie starb am 17. Jänner 2000 in Wien.

Mittlerweile gibt es einen richtigen Schütte-Lihotzky-Boom. Artikel, Bücher, Ausstellungen. Österreichs einziges Frauenmuseum – in Hittisau in Vorarlberg – ist stolz auf eine Original-Schraube aus einer mittlerweile zum Weltstandard gewordenen „Frankfurter Küche“. Im Musikvideo The Frankfurt Kitchen von Robert Rotifer – Teil der Sammlung des Museum of Modern Art in New York – ist unter anderem eine Zeichnung des Volkshauses Klagenfurt zu sehen. Kleine Welt in der großen.

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